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Editorial
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Was ist das: Logik, Moral und Welten?
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Ανήθικα Χρέη
Unmoralische Schulden | -
O fantasma da contradição
Der Geist des Widerspruchs |
Professor Newton da Costa, Erfinder der parakonsistenten Logik, im Interview. -
Im Namen der Willkür
führt deterministische Theorien, die menschliche Interventionen beinhalten, ad absurdum. -
Paying the Forest for the Trees
berichtet von seinen Erfahrungen in den Dschungeln Vietnams und stellt neue Modelle des Umweltmanagements vor.
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Ανήθικα Χρέη
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Vom Wesen der Dinge
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Mikro- und Makrowelten
erklärt mit dem Prinzip lokaler Aktivität, wie Neues in die Welt kommt. -
Die unmögliche Beschreibung
plädiert für die Wertschätzung präziser Vieldeutigkeit in der Wissenschaft. -
Logik und Form
über die Krux der Kommunikation anhand formaler Sprachen. -
Katastrophen provozieren
untersucht, weshalb Menschen unkontrollierbare Risiken eingehen. -
Welche Rolle spielt die Ethik im Alltag?
Kein gewöhnliches Pro-Contra: Es antworten in Gegenüberstellung
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Mikro- und Makrowelten
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Was ist das: Logik, Moral und Welten?
Zur Logik
Was ist Logik? Die Lehre vom richtigen Schließen. Zum Beispiel: Ein Mord hat stattgefunden. Detektiv Bert Russell weiß, dass entweder Smith oder Jones der Mörder ist, und dass sie nicht zusammengearbeitet haben. Weiter stellt er im Zuge seiner Ermittlungen fest: (1) Wenn Smith zur Tatzeit betrunken war, dann ist Jones der Mörder oder Smith lügt. (2) Jones ist der Mörder, oder es ist so, dass Smith nicht betrunken war und der Mord nach Mitternacht stattgefunden hat. (3) Wenn der Mord nach Mitternacht stattgefunden hat, dann ist Jones der Mörder oder Smith lügt. (4) Wenn Smith nicht betrunken war, dann lügt er nicht. Wer ist der Mörder?
Wie gut, dass Russell eine Logikausbildung genossen hat. Die Sätze (1)-(4) sind vorgegebene „Prämissen“, aus denen unser Detektiv nun Schlüsse ziehen soll. Russell macht sich zunächst die logische Form dieser Prämissen klar. Er schreibt „p“ für „Smith war zur Tatzeit betrunken“, mit „q“ kürzt er „Jones ist der Mörder“ ab („nicht-q“ steht dann dafür, dass Jones nicht der Mörder bzw. Smith der Mörder ist), er verwendet „r“ für „Smith lügt“ und schließlich „s“ für „Der Mord fand nach Mitternacht statt“. Was Russell weiß, ist somit:
- (1) wenn p, dann q oder r.
- (2) q, oder nicht-p und s.
- (3) wenn s, dann q oder r.
- (4) wenn nicht-p, dann nicht-r.
Daraus Schlüsse zu ziehen, heißt nun: Die Information, die in (1)–(4) implizit enthalten ist, explizit zu machen. Dies kann auf verschiedene Weisen geschehen. Hier ist eine:
Russell nimmt zunächst einmal an: (5) nicht-q.Dies nennt man eine sogenannte „Reductio ad Absurdum“: (5) ist nicht etwa das Ergebnis von Russells Ermittlungen, sondern bloß eine temporäre Annahme, die Russell nur trifft, um sie auf einen Widerspruch zu führen. Er möchte zeigen: Wenn nicht-q der Fall wäre, dann würde etwas folgen, was nicht der Fall sein kann (wie sich später zeigen wird). Sobald ihm das gelungen ist, wird klar sein, dass vielmehr q der Fall sein muss. Denn nicht-q ist dann ausgeschlossen worden.
Unter der Annahme von (5) schließt Russell nun weiter auf: (6) nicht-p und s. Dies folgt aus (2) und (5) mit der logischen Regel des „Disjunktiven Syllogismus“: (2) besagt, dass q der Fall ist, oder aber nicht-p und s der Fall sind. (5) schließt den ersten dieser beiden Fälle aus. Unter der Annahme (5) folgt also: nicht-p und s.
Im nächsten Schritt extrahiert Russel die durch „und“ verbundenen Teile in (6) und schließt: (7) nicht-p. (8) s. Denn (6) sagt ja aus, dass nicht-p und außerdem s der Fall sind; dann darf Russell auch auf jeden dieser Teile separat schließen.
Russells nächste Schlussfolgerung geht von (3) und (8) aus: (3) hält fest, dass wenn s der Fall ist, auch q oder r der Fall sein muss. Gemäß (8) ist s der Fall. Also: (9) q oder r. Die zugehörige logische Regel heißt in der philosophischen Tradition: „Modus Ponens“. Aus (9) und (5) schließt Russell wiederum mittels der Regel des Disjunktiven Syllogismus: (10) r. Eine weitere Anwendung des Modus Ponens auf (4) und (7) ergibt: (11) nicht-r.
Nun ist Russell dort angelangt, wo er hinwollte: Unter der Annahme von (5) gelingt es ihm, sowohl auf r (in 10) zu schließen, als auch auf nicht-r (in 11). Zusammengenommen: (12) r und nicht-r.
Dies ist aber ein Widerspruch: Es kann nicht zugleich r und nicht-r der Fall sein! Das heißt aber auch: nicht-q (in 5) kann nicht der Fall sein. Denn aus den Fakten (1)-(4) und der Annahme (5) würde Unmögliches folgen. Somit muss das Gegenteil von (5) der Fall sein. Die Prämissen (1)-(4) implizieren also logisch die finale Konklusion: (13) q. q aber bedeutet: Jones ist der Mörder. Logisch, oder?*
Was Logiker tun, ist, Schlussfolgerungen wissenschaftlich zu studieren. Lässt sich präzise definieren, was es heißt, dass ein Schluss logisch gültig ist? Ja: so präzise, wie Begriffe in der Mathematik definiert werden. Lassen sich alle (z. B. für die Physik) logisch gültigen Schlüsse systematisch erzeugen? Ja: sogar mittels Computerprogrammen, wenn man möchte. Logik erlaubt es, Philosophie mit ähnlicher Exaktheit zu betreiben wie die Mathematik. (In philosophischen Prämissen geht es dann natürlich nicht mehr um Mordfälle, sondern um Wahrheit, Wissen, Wirklichkeit, Moral und dergleichen.) Logik ist aber auch für Mathematik und Informatik grundlegend. Bert(rand) Russell war übrigens einer der Begründer der modernen Logik und zugleich Literaturnobelpreisträger. Als Wissenschaft der rationalen Argumentation stellt Logik eine Brücke zwischen Geistes-, Natur- und Ingenieurwissenschaften dar.
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